Frankreichbericht 1

Mein Frankreichaufenthalt

 

von Frauke Beyer

Vom 28.1 bis zum 29.3.2005 habe ich eine großartige Zeit in Paris verbracht.
Hier einige Impressionen und Geschichten:

DIE SCHULE
Als deutsche Schülerin hat man den Eindruck, deutsche Schulen seien streng, doch in Wirklichkeit geht es in Frankreich, zumindest in der „Ecole Alsacienne“ um einiges strenger zu.
Jede Stunde kam eine Assistentin in den Klassenraum, um herauszufinden, ob alle Schüler da waren. Wer zwei Minuten zu spät in den Unterricht kam, musste sich am Empfang einen Zettel abholen, auf dem seine Verfehlung festgehalten wurde, der dann in das Klassenbuch eingeklebt wurde. Auch am Eingang der Schule standen Assistenten, die kontrollierten, ob die Schüler die Erlaubnis der Eltern hatten, die Schule am Mittag zu verlassen.
Im Unterricht war die mündliche Beteiligung weniger wichtig als in Deutschland, was wirklich zählte, waren die kleinen Tests und Arbeiten, die sehr oft anstanden. In den Mathe- und Technologietests habe ich gute Ergebnisse erzielt und im Geschichts- unterricht konnte ich mich aktiv beteiligen. Doch der Französischunterricht, den ich am Anfang nicht verstehen konnte, fesselte mich nie wirklich. Der Lateinlehrer war sehr interessiert und stellte mir oft Fragen wie „Was hat dich in Paris überrascht?“ oder „Was wird im deutschen Lateinunterricht anders gemacht?“. In meiner letzten Lateinstunde mussten ein anderer Deutscher und ich eine halbe Stunde lang ein Referat über das Verhältnis der beiden Länder halten, wobei wir gelernt haben, dass die Franzosen mehr über deutsche Geschichte wissen als umgekehrt.
Der Englischunterricht war nicht besonders interessant für mich, da ich die Sprache bereits ein Jahr länger gelernt hatte als meine Klassenkameraden, die gerade die Grundlagen der Grammatik erlernten. Die Lehrerin war sehr nett und so habe ich meine Grundlagen wiederholt, was vielleicht auch nicht so schlecht war. Da ich kein Deutsch machen durfte, hatte ich insgesamt weniger Stunden als meine Austauschschülerin. Einmal habe ich jedoch am Deutschunterricht teilgenommen, um eine Diskussion mit den Schülern zu führen.
Insgesamt war der Schulbesuch sehr nützlich für mich, denn ich habe mein Französisch während des Unterrichts sehr verbessern können und viele junge Leute kennen gelernt.

MEINE FAMILIE
Meine Familie war wunderbar. Obwohl die Wohnung etwas voll war, mit zwei Personen in jedem Schlafzimmer, hatten wir doch immer sehr viel Spaß, so zum Beispiel beim Finden von Synonymen für „beau“ wie „splendide“, „magnifique“ und „superbe“. Ich wurde in die gute französische Küche mit „Mousse au chocolat“ und Käseplatte eingeführt und während des Essens lernte ich viele verschiedene andere Dinge. Ich kenne jetzt jede Menge französischer Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, weil der Vater meiner Austauschschülerin Professor dieses Gebietes der Literatur ist. Es war auch eine gute Erfahrung, einmal ältere Brüder zu haben, weil ich zu Hause die Älteste bin. Einer der Brüder ist wie ich musikbegeistert und so begleitete ich ihn auf dem Klavier, während er seine selbstgeschriebenen Lieder sang.
Die Mutter meiner Austauschschülerin kümmerte sich rührend um mich und kaufte mir in jedem Museum, das wir besuchten (es waren viele), ein Andenken, sei es eine Münze der Kathedrale „Notre Dame“ oder eine Karte im „Musée Rodin“. Und meine Austauschschülerin, die knapp ein Jahr jünger ist als ich, wurde zu meiner kleinen Schwester und gleichzeitig zu meiner besten Freundin. Wir schliefen in einem Zimmer, was sehr lustig und gut war, obwohl ich zuerst befürchtet hatte, dass wir uns in den zwei Monaten auf die Nerven gehen würden. Doch das war (fast) nie der Fall und so sprachen wir vorm Einschlafen von den Dingen, die uns am Tag gefallen hatten.

DIE MENSCHEN
In Paris gibt es interessante Menschen und ich hatte das Glück, viele von ihnen kennen zu lernen. Die Mutter einer Schulfreundin ist Irin und als wir zusammen im Disneyland waren, habe ich mich mit ihr auf Englisch unterhalten, weil mein Französisch noch nicht so gut war.
Die Großeltern meiner Austauschschülerin, die wir in Rouen besucht haben, waren sehr freundlich und zeigten mir ihre mittelalterliche Stadt. Die Schule war natürlich der Ort, wo es mir am leichtesten fiel, Leute kennen zu lernen. Nachdem ich auf einer Feier an meinem ersten Abend „complètement perdue“ war, weil ich mir die vielen Namen nicht merken konnte, wurde es mit der Zeit doch besser, obwohl es immer noch viel zu viele „Pierres“ in allen Ausführungen gab. Die Franzosen ihrerseits hatten aber teilweise auch Probleme, meinen Namen zu verstehen und korrekt auszusprechen: Viele dachten, „Frauke“ sei die weibliche Form von „Frank“ und sagten deshalb ganz einfach „Franke“. Ich revanchierte mich bei einigen, indem ich ihre Namen, nämlich zum Beispiel den meines Gastbruders, manchmal falsch aussprach, nämlich „Dschon-BaPtiste“ statt „Jean-Baptiste“.
In der Schule traf ich außer den Franzosen auch andere Austauschschüler, die aus England, Kanada oder den Vereinigten Staaten kamen. Es war sehr nett, ein bisschen Englisch zu üben und sich außerdem über die Unterschiede zwischen den Ländern zu unterhalten. Eine Amerikanerin hatte, wie ich, bemerkt, dass französische Badezimmer einem Handtuch gleichen und dass man dieses Handtuch beim Duschen ohne Duschvorhang total durchnässt.
Während meines Aufenthaltes waren auch zwei andere Schüler von der JMS dort, mit denen ich mich dann ab und zu auf Deutsch unterhalten konnte, was auf der Straße, trotz der Internationalität von Paris, manchmal für verdutzte Gesichter sorgte.
Ich bin auch zu einer Diskussion über die europäischen Verfassung eingeladen worden, im Rahmen des so genannten „Printemps de l’Europe“. Die Präsidentin der europäischen Kommission Wallstrom beantwortete mir und etwa 25 anderen Schülern Fragen zur Verfassung. Sogar das französische Fernsehen war anwesend. Das war eine tolle Erfahrung, denn wann kommt man wichtigen Politikern schon mal so nahe?!
Alle Franzosen waren sehr freundlich, erklärten Ausdrücke, wenn ich fragte, und hatten Lust, mit mir zu sprechen, doch trotzdem war es manchmal schwierig mitzureden, weil sie in der Gruppe sehr schnell sprachen und ich nicht mitkam.
Doch je besser mein Französisch wurde, desto mehr konnte ich mich aktiv an den Gesprächen beteiligen und so auch einige Freundschaften schließen.
Denn der Kontakt mit neuen Menschen ist eines der wichtigsten Dinge, wenn man in ein fremdes Land kommt. Wenn man die Sprach sehr gut beherrscht, aber nicht auf die Menschen zugeht, um mit ihnen zu sprechen, bringt ein Sprachaustausch gar nichts. Doch so habe ich mein Französisch verbessert und gleichzeitig viele tolle Menschen kennen gelernt. Ein solcher Austausch ist wirklich nur zu empfehlen!